Wer hat an der Uhr gedreht?

Langsam werden die Tage wieder länger. Das hat das Volk schon immer fasziniert. Und den Gärtner erst recht.

Eine Stunde mehr seit der Wintersonnenwende. Das lässt doch hoffen

Haben Sie schon den Weihnachtsbaum entsorgt? Das war vielleicht etwas voreilig, denn in alter kirchlicher Tradition endet die Weihnachtszeit erst am 2. Februar. Das ist, je nach Auslegung, der Tag der „Darstellung des Herrn“ beziehungsweise „Maria Lichtmess“. Es würde zu weit führen, das im einzelnen aus der Bibel herzuleiten, beschränken wir uns darauf, dass das Volk diesen Termin immer geschätzt hat.

Lässt sich beispielsweise der Bauer an diesem Tag die Haare schneiden, wird das Wachstum auf seinen Feldern umso besser ausfallen. Wozu es auch förderlich ist, Kerzen in die Kirche zu tragen: „Lässt du sie weih’n, schlägt kein Wetter ein; auf dem Acker wächst das Brot, und der Teufel und der Tod gehen alle zwei vorbei, hast du Kerzen gehabt bei der Weih’.“ Man kann auch Pfannkuchen backen und versuchen, sie in der Luft zu wenden, was, wenn es gelingt, gute Geschäfte verspricht; falls es schief geht, kann man sie immer noch an die Vögel verfüttern, weil diese dann rechtzeitig Alarm schlagen werden, sollten irgendwann Wölfe anrücken. Nur flicken und stricken sollte man besser nicht, weil die Hühner sonst keine Eier legen.

Tatsache ist, dass die Tage jetzt wieder merklich länger geworden sind. Und zwar um eine gute Stunde seit der Wintersonnenwende. Etwas irritierend ist nur, dass sich der Aufgang der Sonne langsamer beschleunigt als ihr Untergang. Das hängt mit der Differenz zwischen der Mitteleuropäischen Zeit und der wahren Ortszeit zusammen; die eine richtet sich, vereinfacht gesagt, nach der Uhr, die andere nach dem Sonnenstand. Aber das muss den Gärtner nicht groß kümmern, er freut sich über jedes bisschen mehr Tageslicht. Wer ganz aufmerksam ist, dem kommt es vor, als ob am 2. Februar ein leiser Knack durch die Natur geht. Die Vögel singen ein wenig optimistischer, die Baumknospen schwellen, und wer am Boden das faulige Laub anhebt, sieht darunter die ersten grünen Sprossen hervorkommen.

Als sichere Boten des Vorfrühlings gelten bekanntlich die Schneeglöckchen. Manchmal blühen sie vereinzelt schon Mitte Dezember. Beim Deutschen Wetterdienst treffen dann wenig später bereits Meldungen über den Blühbeginn von Hasel und Erle ein. Das kann an der hessischen Bergstraße natürlich ganz anders aussehen als im Hochtaunus und im hinteren Bregenzerwald anders als auf den nordfriesischen Inseln. Deutschland lässt sich insgesamt in 89 große Naturräume einteilen, die ihrerseits noch in Gruppen untergliedert werden. An etlichen Standorten werden phänologische Beobachtungen über die Entwicklungsstadien typischer Zeigerpflanzen seit Jahrzehnten gesammelt; Freiwillige, die da mitmachen wollen, werden immer gesucht.

Hoffen wir, dass es morgen möglichst arg stürmt und schneit, denn dann ist, so die Bauernregel, der Frühling nicht mehr weit. Sonne wäre nicht so gut, denn wenn der Dachs an Maria Lichtmess aus dem Bau kommt und seinen Schatten sieht, geht er gleich noch einmal für sechs Wochen zurück. Hellseherische Gaben haben übrigens auch alle Menschen, die am 2. Februar geboren sind. Falls Sie dazugehören sollten: Herzlichen Glückwunsch!

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Ohne Deko geht das nicht