Unsere Freunde, die Pilze 🍄

Auf einmal sind sie da. Und niemand weiß, woher.

IMG_1973.jpeg

Bei einer Expedition am Hang fand ich jetzt diese lustigen Gesellen, die sich auf dem Stubben eines kürzlich abgesägten Haselstrauches eingefunden haben. Die exakte Art habe ich noch nicht bestimmt, ich bin eher das, was man einen Pilzignoranten nennen könnte.

Pilze sind ohnehin ein Mysterium. Aber in jüngster Zeit haben sie auf Umwegen an Popularität gewonnen. Im Gartencenter beispielsweise findet man inzwischen häufig Dünger, der laut Deklaration sogenannte Mykorrhiza enthält. Dabei handelt es sich um die Sporen von Pilzen, die in enger Gemeinschaft mit Pflanzen leben. Entweder dringen sie mit ihren fadenförmigen Hyphenfäden in deren Wurzeln ein. Oder sie umhüllen sie nur. In beiden Fällen erschließen sie der Pflanze zusätzliche Nährstoffe und Wasser und bekommen dafür im Gegenzug Kohlenhydrate geliefert, die sie nicht selber herstellen können. Theoretisch ist es also nicht abwegig, diese kleinen Helfer im Garten anzusiedeln.

Praktisch dürften sie da aber schon von Natur aus vorhanden sein. Achtzig Prozent aller Landpflanzen leben in einer solchen Symbiose mit arbuskulären Mykorrhizapilzen, die so heißen, weil sie unter dem Mikroskop wie kleine Bäumchen aussehen. Wahrscheinlich waren sie schon da, als die ersten Moose vor fünfhundert Millionen Jahren im Ordovizium begannen, das Land zu besiedeln. Den größten Anteil unter ihnen stellt heute die Gattung Glomus mit rund neunzig beschriebenen Arten. Sie scheiden das Glykoprotein Glomalin aus, das dafür sorgt, dass die Bodenpartikel Klümpchen bilden, wodurch das Erdreich luftdurchlässig und wasserspeichernd wird.

Ein guter Gartenboden ist das ohnehin, aber es ist denkbar, dass degradierte und ausgelaugte Böden oder sterile Blumentopferde von einer Gabe Mykorrhizapilzen profitieren. Was Hundekot und Humus gemeinsam haben Andere Biodünger sind mit Mikroorganismen angereichert, die imstande sein sollen, wasserunlösliche Phosphorverbindungen in eine lösliche Form zu überführen. Manchen Vertretern der Gattung Pseudomonas wird diese Fähigkeit zugeschrieben, aber auch anderen Mikroben. Eine Mischung, die an der Colorado State University an Weizen, Rasengräsern, Paprika, Tomaten und Basilikum getestet wurde und unter dem Markennamen „Mammoth P“ vertrieben wird, soll das Pflanzenwachstum ähnlich stimulieren wie handelsüblicher anorganischer Phosphatdünger. Biofertilizer, die den Stickstoff aus der Luft fixieren sollen, enthalten außerdem verschiedene Blaualgen, beispielsweise aus der Gattung Anabaena, die vorwiegend im Süßwasser lebt. Auf Reisfeldern kommt sie in Symbiose mit Algenfarnen vor und trägt auf diesem Umweg auch zur Stickstoffversorgung des Getreides selbst bei.

Vertieft man sich in die Details der häufig recht summarischen Studien zu diesem Thema, fällt auf, dass viele der genannten Mikroben auch im Verdauungstrakt von Säugetieren und Insekten zu finden sind. Etliche von ihnen haben außerdem pathogene Eigenschaften. Das macht den arglosen Umgang mit ihnen nicht ganz unbedenklich. Gleichzeitig öffnet das eine überraschende Parallele. Im Darm und Edaphon geht es darum, organisches Material abzubauen und es in Form von Exkrementen oder Humus wieder in den Kreislauf des Lebens einzuspeisen. An beiden Vorgängen ist eine noch nicht überschaubare Vielzahl von Mikroorganismen beteiligt, deshalb sind diese Prozesse auch noch nicht besonders gut verstanden.

Wie es immer so schön heißt: Weiterer Forschungsbedarf besteht.

Zurück
Zurück

Herbstgedanken

Weiter
Weiter

Spontan vergoren 🍏