Der große Durst

Wochenlang kein Regen, alles vertrocknet. Soll man da wenigstens den Rasen retten?

Mitte Mai sah alles noch ganz prima aus

In Königstein am Taunus kam der Bürgermeister unlängst ins Staunen. Die Stadtwerke hatten ihm gemeldet, dass ein einzelner Kunde an einem einzigen Tag 80 000 Liter Trinkwasser verbraucht hätte. Bei einem Bezugspreis von 2,71 Euro pro Kubikmeter also für mehr als zweihundert Euro. Und damit rund sechshundert Mal so viel wie der deutsche Durchschnittsverbraucher.

Ein Mitarbeiter wurde hingeschickt, um das vermutete Leck zu stopfen. Ach was, beschied ihm der Gärtner, mit den Leitungen sei alles in Ordnung, sie hätten ein großes Grundstück mit viel Rasen, und der Rasen solle grün bleiben. Ob sie das Wasser bitte wieder anstellen könnten? (Süddeutsche Zeitung, 23. Juli 2023)

Nun ist Deutschland ist kein Land, das über zu wenig Niederschlag klagen müsste. 750 Liter sind es im Schnitt pro Jahr. Das ist zwar weit entfernt vom indischen Cherrapunji (11 000 Liter), andererseits auch nicht so wenig wie auf Fuerteventura (14 Liter), wohin der Deutsche gern flieht, wenn es daheim mal wieder wie aus Kübeln schüttet. Wenn er zurück nach Hause kommt, ist er aber doch froh, wenn sein Rasen in der Zwischenzeit nicht verdorrt ist und es nicht so ausschaut wie am Strand von Corralejo.

Alarmstufe rot

Mehr und mehr packt einen aber die Sorge. Die jahreszeitliche Wasserbilanz färbt sich in Deutschland immer häufiger tiefrot ein. Das heißt: Es verdunstet wesentlich mehr Feuchtigkeit, als Niederschläge nachkommen.

Quelle: Deutscher Wetterdienst

Ein nennenswerter Wasservorrat, der in der Sprache der Hydrologen als „nutzbare Feldkapazität“ in Prozentwerten angegeben ist, findet sich in heißen Sommermonaten nur noch ab einer Tiefe von vierzig Zentimetern. Das heißt: Für die Bäume reicht es gerade so, Zier- und Nutzpflanzen dürsten bereits. Und wenn es so weiter geht, trocknet irgendwann auch noch der Grundwasserhorizont aus, und dann geht es selbst den Bäumen an den Kragen.

Schau mal auf die Wasseruhr

Was kann man da tun? Natürlich wässern. Allein um einen Quadratmeter Boden bis in zwanzig Zentimeter Tiefe feucht zu bekommen, braucht es zwanzig Liter Wasser. Bei einer durchschnittlichen Gartengröße von dreihundert Quadratmetern sind das vierzig Badewannen voll, die irgendwie verteilt werden müssen.

Es gibt dafür raffinierte Bewässerungssysteme, für die man eine Menge Plastik versenken und Programmieranleitungen studieren muss.

Die eleganteste Lösung des Problems wäre wohl die Anlage eines Brunnens. Stilvoll plätschert das selbstgezapfte Wasser über eine Schale aus Marmor zurück ins Erdreich und vollzieht auf diese Weise einen mustergültigen Kreislauf. Vorher müsste man sich allerdings mit so profanen Dingen wie Grundwasserstand, Bodenbeschaffenheit, den jeweils geltenden Wassergesetzen, passenden Bohrern, Plunschern, Schwengelpumpen und Spülmuffen beschäftigen. In jedem Fall ginge ein eigener Brunnen erheblich ins Geld. Und es wäre nicht mal garantiert, dass er nicht irgendwann versiegt.

Einfacher wär’s,

wenn der deutsche Sommer noch so nass wäre, wie er das in der kollektiven Erinnerung einmal war. Aber am Klimawandel kommt heute keiner mehr vorbei. Und das heißt: Von einem Extrem ins andere. Dürre und Starkregen werden sich in Zukunft die Hand reichen. Die gute alte Regentonne wird das nur noch vorübergehend ausgleichen können.

Man kann das Problem aber auch ignorieren und den Rasensprenger einfach weiterlaufen lassen.

Mir doch egal

Mein Garten bekommt so viel Wasser, wie er braucht

Stellen wir uns vor, das würde jeder Privatgärtner so handhaben. Dann müssten in der Bundesrepublik auf einer grob geschätzten Gartenfläche von tausend Quadratkilometern Woche für Woche vierzig Millionen Kubikmeter Wasser verregnet werden. Also etwa ein Fünftel des Fassungsvermögens der Edertalsperre.

Zum Glück tut das nicht jeder. Und es soll irgendwann ja wieder regnen.

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Immer das Gschiss mit den Tomaten 🍅

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Wie das Klima auch wird