Damit kein Schnitt daneben geht 🍏

Apfelbäume mag jeder. Wie hält man sie bloß in Schuss?

Die Astschere ist schon mal suboptimal

© Manufactum

Jedes Jahr um diese Zeit lädt der Obstbauverein zu einem Kurs in Sachen Winterschnitt ein. Für mich war das lange Zeit kein Thema. Den hatte immer der Nachbar erledigt. Er hatte ein Händchen dafür.

Leider machte er irgendwann Schluss. Ich hätte genug zugeschaut, jetzt müsste ich allmählich selber wissen, wie es geht.

Schon wär’s. Ich habe dazu ein gespaltenes Verhältnis. Einerseits mag ich nicht an Bäumen herumschnippeln. Andererseits packt mich das schlechte Gewissen, wenn ich sehe, wie sich andere ins Zeug legen. Und dann die ewigen Ratschläge: Vom Pflanzschnitt ist die Rede, vom Erziehungsschnitt, Erhaltungs-, Erneuerungs-, Winter- und Sommerschnitt. Zu beachten sind ferner Fruchtholz und Quirlholz, Terminalknospen, Leittrieb, Saftwaage, Hohlkrone, Pyramidenkrone und was weiß ich noch.

Meine Mutter, die in Sachen Garten eine große Theoretikerin war, hatte ebenfalls einen Tipp auf Lager: Man müsse durch die Krone eines Apfelbaums seinen Hut werfen können. Ja super. Wo setzt man dafür die Säge an?

Im Obstbau wird darüber seit je gestritten. Wie üblich gibt es mehrere Schulen. Einigkeit besteht nur darin, dass der Apfel eine harte und entschlossene Hand braucht. Denn wie jedes Gewächs strebt er in die Höhe, immer dem Licht entgegen. Schon ein Halbstamm bringt es locker auf sechs Meter. Und wenn er, wie meiner, ein paar Jahre lang in Ruhe gelassen wird, macht er munter weiter.

Mit Hand- und Astschere war nichts mehr auszurichten. Also schaffte ich mir der Reihe nach einen Teleskopschneider an, eine sündhaft teure Thüringer Holzleiter und eine japanische Baumsäge. Es blieb eine wacklige Angelegenheit. Ich stand schon kurz davor, weitere dreihundert Euro in einen akkubetriebenen Hochentaster zu investieren. Doch dann erinnerte ich mich an die Vereinsfreude. Wie machen die das?

Vier zertifizierte Landschaftsobstbauer: Theodor Kratz, Jakob Pfeiffer, Robin Pfeiffer und Florian Pröfrock vom Obstbauverein Bad Vilbel haben ihr Handwerk gelernt.

“Wir machen das ganz pragmatisch”, sagt Jakob Pfeiffer. An einem ungemütlichen Vormittag Anfang März zeigen er und seine drei Kollegen, wie ein Apfelbaum fachgerecht in Form zu bringen ist. Vorzugsweise nicht mit dem Astschneider. Der quetscht. Eine anständige Säge soll man benutzen. Und nicht mehr absäbeln als unbedingt nötig. Aber das schon. Von allein würde der Baum nur in die Höhe schießen und bloß wenige Früchte tragen. Äste, die sich gegenseitig beschatten, gilt es auszulichten. Und im Zweifelsfall zu kürze. Wobei es darauf ankommt, ein Auge zu finden, aus dem neues Wachstum sprießen kann.

Drei Dutzend Teilnehmer haben sich eingefunden, von der jungen Mutter, die ihr kleines Topfbäumchen auspflanzen will, bis zum Grundbesitzer, der ein paar hundert Obstbäume geerbt hat und nun endlich Ordnung hineinbringen will. Aufgeteilt in vier Gruppen geht es anschließend ans Fachsimpeln und Diskutieren, hier was weg nehmen, dort was stehen lassen; zwischendurch gibt es Kaffee, Kuchen und Apfelwein. Frage an den Fachmann: Lohnt sich ein Hochentaster? Antwort: “Mein Opa nimmt den nur noch.”

Mit dieser nicht ganz schmeichelhaften, aber realistischen Einschätzung endet der Nachhilfekurs.

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Vom Hochstamm zur Superspindel 🍏

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